Lies nicht, um zu widersprechen oder zu widerlegen, auch nicht um zu glauben oder für selbstverständlich zu halten, sondern um zu prüfen oder zu erwägen.
(Thomas Macoulay)
Unter diesem Leitgedanken schrieb M. F. im ersten Teil seiner Selbstgespräche "Briefe", die nicht als "Lebensweisheiten" verstanden werden sollen. Vielmehr beschreiben und (er)klären die Briefe Begrifflichkeiten unserer Sprache. Diese werden im Spannungsfeld von Bedeutungsinhalt, Bedeutungsvielfalt, ihrem Selbstverständnis oder einer Fremdzuschreibung behandelt.
Beispiele solcher Begriffe sind die Naturwissenschaft, die Mathematik, die Religion oder die Philosophie, die Vernunft und der Verstand, die Evolution oder die Information, das Bewusste und das Unbewusste, die Kraft und die Energie, und die Antriebe, die die Richtung sämtlicher freiwillig ablaufender Prozesse im Universum bestimmen: die Enthalpie und die Entropie.
Vereinfachungen von Begrifflichkeiten ist ein untaugliches Mittel, Unklares besser verstehen zu können.
In seinen Geschichten zur Geschichte im zweiten Teil seiner Selbstgespräche schreibt M. F. Autobiografisches zu Kriegs- und Nachkriegserlebnissen. Er schreibt darüber, dass mit dem Öffnen von Archiven in Ost und West und dem Willen zur Akzeptanz historischer Wahrheiten die selbstgerechten Narrative im Nachkriegsdeutschland infrage zu stellen sind. Das betrifft die Ursachen der Teilung Deutschlands oder die Gründung der deutschen Teilstaaten, die Berlin-Blockade 1948/49 oder den Bau der Berliner Mauer 1961.
Historisch Belegtes kann überraschen und die tatsächlichen Hintergründe enthüllen - es kann damit eigene Gewissheiten irritieren.
Aus der Klavierkomposition von Frank Petzold
Der Ursprung dieses Buches war das laute Gelächter "gestandener" Männer über M. F.s Bemerkung, dass die Farben seiner Bilder - ebenso wie jede andere wahrgenommene Farbe - keine physikalische Eigenschaft des jeweiligen Objektes sind. Ein untrügliches "Bauchgefühl" widersetzt sich diesem Verständnis. Deshalb sind Diskussionen in solchen Runden schwierig: contra prinzipia negantem, non est disputandum. Die Natur besitzt keine Farben. Farben sind ausschließlich neuronale, subjektive Konstrukte unseres Gehirns. Also schrieb M. F. auf Papier, so wie es ist und nicht anders möglich sein kann. Das Geschriebene wurde ein Brief für seinen kleinen Enkel. Diesem Brief folgten weitere über ebenfalls nicht immer präzise gebrauchte Begrifflichkeiten. Nach 400 Seiten sollte das Briefeschreiben enden.
Doch eines Tages fragte der Enkel seinen Opa, warum er drei Fähnchen über seinem Schreibtisch zu hängen hat. Es handelt sich um ein polnisches, ein jüdisches mit dem Davidstern und ein russisches Fähnchen. Für einen damals Sechsjährigen kann man solche Antworten nur aufschreiben. Als der Opa eingeschult wurde, war Krieg, als er neun Jahre alt war, endete der Krieg. Dann begann die Nachkriegszeit. So entstanden die Geschichten zur Geschichte. Sie reichen bis in die Gegenwart.
2. durchgesehene Auflage (2023)
Selbstverlag
Druck und Bindung: DRUCKTERMINAL, Nürnberg
ISBN 978-3-00-073624-7
Peter und Sebastian Throm (Peter Throm GmbH Berlin Zehlendorf) bin ich für vielfältige Unterstützung und großzügiges Sponsoring für beide Auflagen des Buches zu großem Dank verpflichtet.